Podiumsdiskussionen: Schulen bleiben für die Linke tabu

Podiumsdiskussion am Goethe-Gymnasium

Badische Zeitung vom 21.2.11

Der Streit über den Ausschluss von Kandidaten der Linken von Podiumsdiskussionen an Schulen spitzt sich fünf Wochen vor der Landtagswahl weiter zu. Die Linke klagt inzwischen gegen den Erlass, das Kultusministerium verteidigt ihn. Was sagen die Freiburger Spitzenkandidaten?

Bei Podiumsdiskussionen zur Landtagswahl, die in Schulen stattfinden, darf Die Linke nicht dabei sein – weil sie nicht im Parlament vertreten ist. Was sagen Kandidaten der CDU, SPD, Grünen und FDP aus den Freiburger Wahlkreisen dazu?
„Liebe Kandidaten der im Landtag vertretenen Parteien“: Die Begrüßungsworte zur Podiumsdiskussion hat Schulleiterin Ursula Paravicini bewusst gewählt. Der Kandidat der Linken darf an der Podiumsdiskussion im Freiburger Goethe-Gymnasium nicht teilnehmen. Grund ist ein Ministerialerlass vom September, der auf einen 18 Jahre zurückliegenden Erlass zurückgeht. Danach dürfen an schulischen Wahl-Podien nur die im Landtag vertretenen Parteien teilnehmen. Landtagsopposition und Schüler sind empört.

Einen Song für jeden eingeladenen Landtagskandidaten hielten die Moderatoren Julian Scholtes (15) und Beat Linde (18) bereit. Auch für den Freiburger Kandidat der Linken, Lothar Schuchmann. Ihn hatten sie zunächst ein-, nach einem Rundschreiben des Kultusministeriums wieder ausgeladen. Mit dem Schreiben wurden die Mitglieder der Schülermitverantwortung (SMV), Veranstalter der Diskussion, an den 18 Jahre alten Erlass erinnert.

Die Meinungen gehen auseinander

Er gilt für eine Karenzzeit acht Wochen vor der Wahl. In ihr dürfen die SMV im Land nur Podiumsdiskussionen mit allen im Ladtag vertretenen Parteien veranstalten. Entsprechend durften die Linken am 25. Januar in der Freiburger Staudingerschule noch mitdiskutieren, doch vom Podium im Goethe-Gymnasium waren sie ausgeschlossen. Für Tilman Bulling, Politiklehrer an der Schule, ist das ein Unding: „Ich finde, die SMV sollte einladen können, wen sie will.“ In Abwesenheit spielten die Schüler für Schuchmann die Internationale.

Auch Reinhold Pix (Grüne) und Walter Krögner (SPD) ärgert der Ausschluss. Pix: „Das trägt nicht zur freien Meinungsbildung bei.“ Krögner ergänzt: „Man hätte als Maßstab alle im Bundestag vertretenen Parteien wählen sollen. Dann wäre die Linke dabei gewesen.“ Auch Christoph Glück (FDP) hätte gerne mit den Linken oder der Piratenpartei diskutiert. Klaus Schüle (CDU) hingegen versteht die ganze Aufregung nicht: „Diese Regelung ist wichtig, um eine gewisse Neutralität und Objektivität zu wahren.“ Außerdem könne man nicht sämtliche Parteien zu einer Podiumsdiskussion einladen.

Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Palmer

Auch wenn die Schüler des Goethe-Gymnasiums sauer waren, dass sie Schuchmann wieder ausladen mussten, wollten sie vom Vorschlag der Stadtverwaltung nichts wissen, die Veranstaltung formal zu übernehmen. Zwar hätte ein von der Stadt getragenes Podium wie in Tübingen anders aussehen können, doch für Julian Scholtes war dies keine Alternative: „Dann hätte die Diskussion während der Schulzeit stattfinden müssen.“ Und so prangen auf den Einladungen der SMV unter dem Logo der Linken die Worte: „Vom Kultusministerium ausgeladen“.

Zuvor waren in Lahr eine Diskussionsrunde abgesagt worden, in Bad Säckingen hatte ein Vertreter der Linken teilnehmen dürfen. In Müllheim wurde der Kandidat der Linken, der an seiner ehemaligen Schule mitdiskutieren wollte, nach einer Intervention der Schulbehörde ausgeladen. In Tübingen erging inzwischen eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen OB Boris Palmer, weil er eine Veranstaltung ermöglicht hatte mit je einem Teilnehmer der Linken und der Piratenpartei. Der Landesvorstand der Linken klagt mittlerweile gegen den Ausschluss von schulischen Diskussionsveranstaltungen.

Ein Sprecher des Ministerium verteidigte den Erlass. Er solle den Schulleitern Rückendeckung geben bei der notwendigen Auswahl der Teilnehmer.

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