Bericht – Besuch bei der Firma Senect in Landau

Bericht – Besuch bei der Firma Senect in Landau

Wer gesundheitsbewusst lebt, isst gerne Fisch. Allerdings bleibt jedes Mal der bittere Beigeschmack, dass über 90 % des in Deutschland verzehrten Fisches importiert wird.

Im Ländle ist man besonders stolz auf das sog. „Bodensee-Felchen“. Doch die sinkenden Erträge können die Nachfrage nicht decken und so werden Felchen aus allen Herren Länder zum Verkauf angeboten. Dies ist auch die Ursache der hitzigen Debatte über offene Netzgehege im Bodensee, welche wir als Grüne Fraktion aber ablehnen. Der größte Trinkwasserspeicher Europas eignet sich schlicht nicht für Experimente mit ungewissem Ausgang.

Es bleiben also Aquakulturen. Das Potential für natürliche Aquakulturen, also in Teichen, Bächen etc., ist in Deutschland allerdings nahezu ausgeschöpft (Vgl. IGB Policy Brief (2017) oder Nationaler Strategieplan für Aquakulturen (2014)). Außerdem hat diese Form der Fischzucht wohl ebenfalls Probleme mit der Gewässerverunreinigung, aber auch mit dem Tierwohl (zu hohe Temperaturen, zu wenig Sauerstoff, Keime etc.). Auch das Freiburger ÖKO-Institut hat jüngst auf die Notwendigkeit der nachhaltigen Aquakultur und geschlossener Kreislaufanlagen (KLA) hingewiesen.

 

 

Besuch vor Ort – Wir wollten es genauer wissen: Bieten geschlossene Kreislaufsystem tatsächlich die Möglichkeit Fisch nachhaltig in Deutschland zu produzieren? Können wir hoffen, auch unsere „Bodensee-Felchen“ in diesen Anlagen zu züchten? Die Firma Senect in Landau ist vor allem ein Anlagenbauer für Geräte rund um die Fischzucht, unterhält aber eine gar nicht mal so kleine KLA-Pilotanlage – u.a. mit Felchen! In der Anlage können alle Parameter genauestens reguliert werden (Temperatur, Sauerstoff, Nahrungszufuhr etc.). Keime kommen hier gar nicht vor und das Wasser wird im Anschluss gefiltert. Der Energieverbrauch ist zwar nicht ganz ohne, aber ebenfalls in den Griff zu bekommen. In der Testanlage sind die Tier gesund, werden nicht geimpft und brauchen auch keine Medikamente! Fazit der Betreiber: Wir zeigen hier, dass man Fische umwelt-, tierfreundlich und nachhaltig mit Wasseraufbereitungstechnik produzieren kann.“

Zwei zentrale Herausforderungen scheint es für die Betreiber von Kreislaufanlagen zu geben.

1.) Durch den Einsatz künstlicher Becken und die durchgeführte Wasseraufbereitung, ist den Betreibern von KLA die „Öko-Schiene“ komplett verwehrt. In der entsprechenden EU-Verordnung steht (frei übersetzt) „KLA sind unzulässig, zumindest bis neue Erkenntnisse vorliegen“. Eine spannende Studie des BÖLN / Naturland (2017) bringt das grundsätzliche Problem auf den Punkt: Ob eine „Kompensation von eingeschränkter `Natürlichkeit/Naturnähe` durch `öffentliche Güter` [hier Regionalität und Nachhaltigkeit]“ im ÖKO-Sektor generell möglich sein sollte? Aus Sicht von Senect ist die geschlossene Kreislaufanlage jedenfalls unmittelbar wirtschaftlich, solange ihnen nicht das Etikett „Billig-Fisch“ und „Massentierhaltung“ angehängt wird, sondern Sie als „nachhaltig“ angesehen werden. Um die Öffentlichkeit von dieser Produktionsform zu überzeugen oder irgendwann sogar eine Öko-Zertifizierung zu erhalten, bedarf es aber noch wissenschaftlicher Studien bzw. guter Argumente im Bereich Tierwohl. Auch das Ändern einer EU-Verordnung ist ein dickes Brett!

2.) Regionales Fischfutter ohne Soja aus Südamerika bzw. nicht aus Wildfisch ist derzeit noch sehr selten. Hier bedarf es adäquater Lösungen. Herr Dr. Mäck von Senect und Herr Dr. Hundt vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau haben hierbei ins Spiel gebracht, dass eine Verwertung von Obst und Gemüseresten aus der Landwirtschaft zur Produktion von Insekten, welche wiederum im Fischfutter Verwendung finden, das Potential hat, mehr in Richtung geschlossener Stoffkreisläufe zu kommen. Erste Versuche hierzu finden beispielsweise in den Niederlanden statt.

Unser Fazit: „Natürlichkeit und Naturnähe“ sind eine tolle Sache. Bei massiv steigender Weltbevölkerung und deutlich zunehmender Klimaprobleme, gibt es aber noch ganz andere Faktoren, welche für „Nachhaltigkeit“ und die „Ökologie“ wichtig sind. Ressourcenverbrauch, Transportwege etc. Kreislaufanlagen haben evtl. das Potential uns mit nachhaltigem und regionalen Fisch und sogar mit nachhaltigen Felchen zu versorgen!

Links:

https://www.igb-berlin.de/sites/default/files/media-files/download-files/igb_policy_brief_bundestagswahl_2017_schutz_u_nutzung_v_binnengewaessern_download.pdf

https://www.bundesverband-aquakultur.de/sites/default/files/dokumente/aktuelles/nationaler_strategieplan_aquakultur_deutschland.pdf

https://www.oeko.de/presse/archiv-pressemeldungen/2018/mehr-fisch-aus-nachhaltiger-aquakultur-auf-den-teller/

https://www.bundesprogramm.de/fileadmin/2-Dokumente/merkblaetter/Tier/2815OE026_OekoKLA_Merkblatt.pdf

Fischzucht

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