Streunende Katzen: Mit einem Kastrationsgebot das Leiden eindämmen

Warum sind streunende Katzen und Verwilderung ein Problem?
• Die Katzen leiden unter Nahrungsknappheit, Unterernährung und erhöhtem Stress.
• Ihr schwaches Immunsystem führt zu Krankheiten, Parasitenbefall und Infektionskrankheiten wie Leukose oder Virusschnupfen.
• Die Katzenversorgung in überfüllten Tierheimen ist kostspielig und nur durch hohes ehrenamtliches Engagement zu bewältigen.
• Die Tiere werden krank und sterben qualvoll. Dies bedeutet unzähliges Katzenleid.

Welche Vorteile bieten Kastrationen?
• Kastrationen verhindern einige hormonell bedingte Krankheiten,
• der Fortpflanzungsdrang fällt nahezu weg,
• Streitigkeiten, Verletzungen und das sexuell bedingte Streunen wird vermieden,
• Tierschutzvereine helfen ggf. beim Einfangen und unterstützen Kastrationsaktionen.

Frei lebende Katzen bleiben ein Leben lang scheu. Eine „Nachsozialisierung“ zu einem späteren Zeitpunkt ist kaum möglich. Daher können die Tiere auf keinen Fall im Tierheim untergebracht werden und sind nur schwer vermittelbar. Tierschutzorganisationen setzen sich dafür ein, dass frei lebende Katzen eingefangen, kastriert, vor Ort wieder freigelassen und weiter betreut werden. Tötungen ohne vernünftigen Grund (z.B. durch Abschuss, Vergiften) können keinesfalls toleriert werden.

Welche neuen Möglichkeiten haben sich aus der Novelle des Bundestierschutzgesetzes 2013 ergeben?
Das Tierschutzgesetz 2013 gestattet nun den Ländern – und Baden-Württemberg hat dies sofort umgesetzt -, den Kommunen Handlungsmöglichkeiten zu übertragen. Das Vorgehen in den Gemeinden und Städten sieht bindend folgendermaßen aus:

1. Benennung der Hot Spots (Ausweisung von Gebieten mit Leiden wildlebender Katzen)
2. Bemühungen, das Problem zu beheben (Einfangen und Kastrationen)
3. Nur, wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen: Beschränkung des Freigangs der Hauskatzen
4. Kommunales Kastrationsgebot für Hauskatzen

Grundlage ist §13 B TierSchG
Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zum Schutz freilebender Katzen bestimmte Gebiete festzulegen, in denen
1. an diesen Katzen festgestellte erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden auf die hohe Anzahl dieser Tiere in dem jeweiligen Gebiet zurückzuführen sind und
2. durch eine Verminderung der Anzahl dieser Katzen innerhalb des jeweiligen Gebietes deren Schmerzen, Leiden oder Schäden verringert werden können.
In der Rechtsverordnung sind die Gebiete abzugrenzen und die für die Verminderung der Anzahl der freilebenden Katzen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Insbesondere können in der Rechtsverordnung
1. der unkontrollierte freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen in dem jeweiligen Gebiet verboten oder beschränkt sowie
2. eine Kennzeichnung und Registrierung der dort gehaltenen Katzen, die unkontrollierten freien Auslauf haben können, vorgeschrieben werden. Eine Regelung nach Satz 3 Nummer 1 ist nur zulässig, soweit andere Maßnahmen, insbesondere solche mit unmittelbarem Bezug auf die freilebenden Katzen, nicht ausreichen. Die Landesregierungen können ihre Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen.

Hintergrund: Woraus leitet sich der Katzenschutz ab?
• Art. 20a GG Staatsziel Tierschutz: verbindlicher Handlungsauftrag an die Staatsgewalten, den Tierschutz zu fördern.
• § 1 TierSchG: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerz, Leid oder Schäden zufügen.
• § 2 TierSchG Wer ein Tier hält, muss es tiergerecht ernähren, unterbringen und pflegen.
• § 3 Nr. 3 TierSchG Das Aussetzen oder Zurücklassen von Tieren ist ausdrücklich verboten.
• § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TierSchG: Tiere dürfen kastriert werden, wenn …
• Art 10 Abs. 2 b des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Heimtieren: Kastrationen sind dort bereits seit 1987 verankert.
• § 17 und 18 TierSchG: Verstöße werden als Ordnungswidrigkeiten oder Straftatbestände geahndet.

Empfehlungen an die Städte und Gemeinden
Das Verbot von Fütterungen verletzt Tierschutzgrundsätze. Laut einer Umfrage 2010 gab jeder Tierschutzverein im Jahr 3.620,- Euro für Kastrationen aus. Kommunen können im eigenen Interesse Beiträge leisten, indem sie

• Tierschutzvereine durch Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, z.B. Informationsbroschüren erstellen oder Informationsmaterialien von Tierschutzorganisationen und/oder der Landestierärztekammer nutzen,
• betreute Katzenfutterstellen zulassen bzw. bereits erlassene Fütterungsverbote aufheben.

Haben denn Kommunen schon dementsprechende Verordnungen erlassen?
Da das B TiersSchG die Folge der Handlungsschritte festlegte, müssen Kommunen zunächst versuchen, ihre Hot Spots „konventionell“ in den Griff zu bekommen.
Der Landkreis Sigmaringen mit einer engagierten Amtsveterinärin hat mit einem Aufruf an die Bevölkerung sowie einem finanziellen Beteiligungsangebot aktiv die Initiative ergriffen, die Freigänger¬katzen kastrieren zu lassen. Nahezu alle Kommunen haben sich beteiligt (ein toller Erfolg). Diese Initiative läuft bis Ende Februar 2014 und zeigt positive Ergebnisse.
Wie gesagt – dies ist der erste Schritt, der erforderlich ist, bevor in konkreten Problemzonen echte Kastrations-Anordnungen erlassen werden können.

Was kostet insgesamt eine Katzenkastration, also mit Narkose, Verbandszeug…?
Katzen 100-120 Euro Kater 60-80 Euro.
Ggf. kommt, wenn gewünscht, noch eine Kennzeichnung mit Tätowierung bzw. Chip dazu.

Bei Fundtieren gibt es die Möglichkeit, mit Gemeinden oder Städten Verträge auszuhandeln, was die Kosten von Tierarzt und Versorgung angeht, denn rein rechtlich sind diese dafür verantwortlich, auch wenn sie gerne darauf verzichten würden.

Februar 2014, Reinhold Pix MdL, DIE GRÜNEN im Landtag von Baden-Württemberg

Katzenschutzverordnung

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