Badische Zeitung vom 2. Januar 2010
Schlankheitskur am Schanktisch
Gastronomen sparen künftig nicht nur einen Teil der Mehrwertsteuer, sie könnten auch bürokratisch entlastet werden – wenn das Gaststättengesetz des Landes Baden-Württemberg denn Wirklichkeit wird.
STUTTGART. Gastronomen sparen künftig nicht nur einen Teil der Mehrwertsteuer, sie könnten auch bürokratisch entlastet werden – wenn das Gaststättengesetz des Landes denn Wirklichkeit wird.
Seit 2006 – die Föderalismusreform machte es möglich – können die Länder eigene Gaststättengesetze erlassen. Im Gegensatz zu Brandenburg und Thüringen ist der Südwesten noch nicht so weit. Der Entwurf des Wirtschaftsministeriums ist noch nicht endgültig abgestimmt, hieß es auf BZ-Anfrage.
Die Konzeption allerdings, so antwortete Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP) jetzt auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten
Dies aber soll ohne zeit- und kostenintensive Prüfung der Räume selbst geschehen. Damit werden Pächterwechsel, die 90 Prozent aller Konzessionsverfahren ausmachen, spürbar vereinfacht. Pix sorgte sich vor allem um die Dorfwirtschaften. Sie stünden unter Druck. Veränderte Essgewohnheiten, die Wirtschaftskrise oder mangelnde Vorbereitung der Gastronomen auf das schwierige Geschäft führten viele in den Ruin. Ist die Dorfbeiz erstmal dicht, fehle ein Stück Grundversorgung, und jedes Scheitern einzelner Wirte bedeute einen Imageschaden für die ganze Branche. Deshalb gelte es, die Zulassungsverfahren zu vereinfachen, hatte Pix gefordert, denn die Kosten für die Konzession belasteten Nachfolger und Neuinhaber unnötig mit rund acht Millionen Euro pro Jahr. Der Verzicht auf die Konzession, so er denn Gesetz wird, erleichtert die Übernahme von Pachtverhältnissen. Aber auch die Gäste sollen von dem neuen Gesetz profitieren. Bislang war die Konzession an den Ausschank von Alkohol gebunden. Das heißt: Wer keinen Alkohol anbot, wurde auch nicht vorsorglich auf Zuverlässigkeit überprüft, sondern erst, wenn in der Gaststätte etwas schief lief. Künftig muss jeder potenzielle Wirt die Betriebsaufnahme anmelden und wird im Rahmen dieses Verfahrens geprüft, unabhängig davon, was er später auf die Getränkekarte stellt.
Strittig bleibt die Vorbereitung. Das alte Vorurteil, dass wer nichts wird, immer noch Wirt wird, rührt vor allem aus der mangelhaften Vorbereitung. Ganze vier Stunden Unterricht bei der Industrie- und Handelskammer reichen aus, um das Geschäft anzumelden. Eine solide Schulung in Rechtsfragen und Betriebswirtschaft, die spätere Probleme und Pleiten verhindern könnte, sieht anders aus. In wie weit das Ministerium an dieser Minimalschulung festhält, werde aber noch diskutiert. „Die Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen“, heißt es im Hause Pfisters.
Andreas Böhme
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