Pix und Sitzmann holen Direktmandate


Badische Zeitung von 28.3.11

Edith Sitzmann und Reinhold Pix von den Grünen haben sensationell beide Freiburger Direktmandate gewonnen – und damit der CDU die Wahlkreise 46 und 47 abgejagt. Besonders bitter ist das für den Freiburger CDU-Vorsitzenden Klaus Schüle.
Die Grünen Edith Sitzmann und Reinhold Pix haben die Direktmandate der beiden Freiburger Wahlkreise gewonnen. In der Stadt selbst (ohne die zu den beiden Wahl-kreisen gehörenden Gemeinden) kam die grüne Partei bei einer Wahlbeteiligung von 67 Prozent auf 43 Prozent. Was OB Dieter Salomon am Sonntag in der Gerichtslaube so kommentierte: „So gut wird’s die nächsten siebenhundert Jahre nicht mehr.“ Spekulationen, wonach er oder die grüne Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik für ein Regierungsamt gehandelt werden, erteilten beide eine Absage.

Die Sensation aus Freiburger Sicht war, dass die Grünen der CDU gleich beide Wahlkreise abjagen konnten. Während Edith Sitzmann im Westen von Anfang gute Chancen ausgerechnet wurden, galt der Ost-Wahlkreis wegen seines Hochschwarzwaldanteils für die CDU als unverlierbar. Der Wahlkreis war einst für den in Freiburg wohnenden Ministerpräsidenten Hans Filbinger maßgeschneidert worden. Nun habe die Grünen sogar diese schwarze Festung geknackt: „Filbinger wird sich im Grabe herumdrehen“, vermutete Reinhold Pix am Abend. Denn zum ersten Mal überhaupt sitzt kein CDUler aus Freiburg im Stuttgarter Landtag, sowohl Bernhard Schätzle als auch Klaus Schüle unterlagen ihren Konkurrenten von den Grünen.

Dass die Grünen damit in der Stadt Freiburg insgesamt 43 Prozent der Stimmen und damit fast genau so viele Stimmen holten wie CDU (21,5 Prozent) und SPD (23,5 Prozent) zusammen, war am Anfang der Auszählung noch längst nicht abzusehen. Da sah nämlich um 18.14 Uhr der erste ausgezählte Wahlbezirk in Landwasser die CDU mit 39 Prozent deutlich vorne. Doch schon den zweiten Wahlkreis in Waltershofen gewannen die Bündnisgrünen mit 37 Prozent. Am Ende – nach Rufen wie „Is’ ja Wahnsinn!“ und Gelächter bei den Grünen-Ergebnissen in den Vauban-Wahlbezirken zwischen 67 und 75 Prozent (die CDU zwei bis sechs Prozent) – waren von den 176 Wahlbezirken in der Stadt auf der Übersicht lediglich acht schwarz und 13 rot eingefärbt. Alle anderen 155 waren grün gekennzeichnet, darunter auch alle Freiburger Urnen-Wahlbezirke des Wahlkreises 46.

Nicht zuletzt dieses eindeutige Ergebnis sorgte dafür, dass dieser der CDU als Erbhof geltende Wahlkreis mit dem Kandidaten Klaus Schüle verloren ging. Denn nachdem Andreas Kern vom städtischen Amt für Bürgerservice und Informationsverarbei-tung schon vor dem vorläufigen Endergebnis um 19.31 Uhr sich auf Edith Sitzmann als Gewinnerin des Direktmandats im Wahlkreis 47 festgelegt hatte, blieb es im Wahlkreis 46 (Link zum Ergebnis). spannend: Bis 19.28 Uhr führte Klaus Schüle mit 38,9 Prozent noch deutlich vor Reinhold Pix (27,8). Dann kamen eine Minute später die Freiburger Wahlbezirke dazu – und Pix lag mit 35,3 Prozent vor Schüle (31,8), am Ende mit 34,5 zu 32,6 Prozent, während SPD-Kandidat Walter Krögner lediglich 21,9 Prozent erreichte.

Zu dieser großen Überraschung, die ihm nach zwei Amtsperioden den Verlust seines Wahlkreises brachte, sagte Freiburgs CDU-Vorsitzender Klaus Schüle: „In einer Demokratie ist das ein normaler Vorgang.“ Er werde sich auch künftig politisch engagieren. Sein CDU-Landtagskollege Bernhard Schätzle war zwar auf alles gefasst. „Die enorme Verwerfung im Wahlkreis 47 erstaunt aber doch.“

Hier (Wahlbeteiligung 64,4 Prozent) brachte es Edith Sitzmann auf 39,9 Prozent vor der SPD-Kandidatin Gabi Rolland (24,6) und Bernhard Schätzle (22,8). Der SPD-Kandidatin reichte das, um als dritte Freiburger Abgeordnete in den Landtag einzuziehen – womit sich die Zahl der Freiburger Abgeordneten genau halbierte. Edith Sitzmann erklärte nach ihrem Wahlerfolg: „Wir in Freiburg haben alles gegeben, um den Politikwechsel im Land voranzubringen.“ Und ihr Kollege Reinhold Pix meinte: „Die Bürger werden die Entscheidung nicht bereuen. Wir werden dafür sorgen, dass die CDU nie mehr hochkommt. Wir Grünen sind die Jetzt-Partei, die CDU ist die Das-war’s-Partei.

In der Grünen-Hochburg Freiburg geht man fest davon aus, dass jemand aus der Stadt in der neuen Regierung sitzen wird. Oberbürgermeister Dieter Salomon wird für einen Ministerposten definitiv nicht zur Verfügung stehen: „Wer OB von Freiburg ist, der muss nichts mehr werden, der ist schon was.“ Auch Umwelt- und Bildungsbürgermeisterin Gerda Stuchlik will in der Spitze ihres neu zugeschnittenen Dezernats bleiben: „Hier sehe ich meine Aufgaben“. Edith Sitzmann wollte sich nicht an Spekulationen über das Regierungspersonal beteiligen. Sagte aber auch: „Ich habe ein gutes Ergebnis erzielt, das gibt mir Rückenwind“.

Der Oberbürgermeister staunte jedenfalls über die 43 Prozent in Freiburg. Er hätte nie gedacht, dass die Grünen in ihrer Hochburg noch einmal so zulegen könnten. Salomon riet bei der Wahlparty den Parteifreunden, sie sollten auf dem Teppich bleiben, gut verhandeln und verantwortungsbewusst mit dem Wahlergebnis umgehen.

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