Ökologischer Landbau bietet der Höhenlandwirtschaft eine Chance

Badische Zeitung vom 18.03.11


Knapp zwei Dutzend Landwirte lassen sich in St. Märgen über Strategien der Grünen zur Zukunftssicherung der bäuerlichen Familienbetriebe informieren.

HOCHSCHWARZWALD. „Wer viel Gutes auf seiner Fläche tut und ökologische Milchwirtschaft betreibt, der soll auch das Meiste bekommen“. Diesen klaren Stand-punkt vertreten die Grünen, die in der Schaffung von Alleinstellungsmerkmalen (Null Toleranz bei der Gentechnik) und der Umstellung auf den ökologischen Landbau ei-ne Chance für die Höhenlandwirtschaft sehen.

Mit geballtem landwirtschaftlichem Know how und praxisnahen Anwendungsbeispie-len traten der Landtagsabgeordnete Reinhold Pix, Forstwissenschaftler und Öko-Weinbauer, Martina Braun, Biobäuerin aus dem Linachtal und Landtagskandidatin im angrenzenden Wahlkreis, sowie der Europaabgeordnete und Mitglied des Ausschus-ses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Martin Häusling, Biolandwirt und Agrartechniker, am Mittwochabend in der Goldenen Krone in St. Märgen auf. Mehr als 20 Teilnehmer, meist Landwirte, informierten sich über die Strategie der Grünen zur Zukunftssicherung der bäuerlichen Familienbetriebe.

Martina Braun zeigte anhand des Beispiels Linachtal auf, wo schon vor zehn Jahren nahezu alle Landwirte auf Biobetriebe umstellten und mit ihrer Schwarzwald-Biomilch („eine Erfolgsgeschichte“) den bundesweit höchsten Auszahlungspreis von 44 Cent erzielen. „Selbst damit sind die Vollkosten noch nicht gedeckt und die Arbeitskraft nicht richtig entlohnt“, sagte sie. Grünland lasse sich über die Milch gut veredeln, die Kuh stehe damit nicht in Konkurrenz zum Menschen, wie es bei Mais oder anderen Futtermitteln der Fall sei. Eine Überprüfung der Ausgleichszulage (lieber wären ihr vollkostendeckende Preise) und eine Beachtung „wirklich“ Benachteiligter fordert sie ein. „In Berggebieten können Betriebe nicht endlos wachsen, was ohnehin keinen Sinn macht, und auch beim Maschineneinsatz sind Grenzen gesetzt.“ Ein Voran-schreiten der Ökologisierung der Landwirtschaft und Förderprogramme für Laufstall-umbau („ökologischer Landbau und Anbindehaltung vertragen sich nicht“) seien not-wendig, mit der Bioschiene und etwas höheren Milchpreisen sieht sie gute Chancen für die Region. Mit der traditionellen Bewirtschaftung wird nach Aussage von Pix Landschaft erzeugt, die auch im Hinblick auf den Tourismus größte Bedeutung habe.

Der Aussage von Landwirt Wendelin Schwär, dass es heute leichter sei, im Außen-bereich einen Stall für 500 Kühe zu bauen als eine Ferienwohnung, stimmte Pix zu, der sich für eine Baurechtsänderung einsetzt. Das zusätzliche Standbein Ferienwoh-nung komme der Wertschöpfung vor Ort zugute und halte den Strukturwandel auf. Gegen 100 000 Hektar-Betriebe in Argentinien, Betriebe in Neuseeland ohne Ställe oder norddeutsche Betriebe mit 3500 Kühen, könne ein Schwarzwaldhof nichts aus-richten. Häusling: „Es muss jedem klar sein, dass die hier bisher praktizierte Land-wirtschaft nicht überleben kann.“ Daher könne die ökologische Landwirtschaft eine Chance bieten. „Maismonokultur, riesiger Kunstdüngereinsatz oder ständige Bereg-nung und alles, was unser Klima kaputt macht, kann nicht gefördert werden“ stellte Pix klar, den Sojaimport bezeichnete er als ökologische Katastrophe. Die knapper werdenden Gelder müssten die erhalten, die wertvoll und nachhaltig arbeiten. Das Alleinstellungsmerkmal „Gentechnik frei“ dürfe nicht gekippt werden und sollte sich ganz Baden-Württemberg zu Nutze machen. Ein regionales Siegel auf der Verpa-ckung müsse her. Die Milchquote falle weg, ein Regulierungsinstrument komme. Die Landwirte müssten Druck machen, um sich nicht die Macht in der Marktkette zu ver-spielen.

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