©Bildquelle Zoo Karlsruhe Timo Deible

Nach Verena kommt Reinhold

 

Reinhold Pix: „Ein Luchs ist bekannt für Pinselohren, gute Tarnung und scharfe Augen. Was davon auf mich zutrifft, überlasse ich in der Bewertung lieber anderen. Auf jeden Fall freue ich mich, dass sich ein wahrer Reinhold in der Natur herumtreibt. Aktuell ist mein Namensvetter noch nicht geschlechtsreif. Sollte Luchskuder Toni aber in der Ranzzeit im Frühjahr versagen, kommt Reinhold nächstes Jahr zum Zuge und leistet seinen Beitrag für Luchsnachwuchs in Baden-Württemberg. Besonders hervorzuheben ist die vorbildliche Zusammenarbeit mit der Jägerschaft, ohne deren Engagement dieses Projekt nicht möglich wäre.“

Mit der Auswilderung des Luchskuders namens Reinhold wird die Bestandsstützung des Luchses in Baden-Württemberg fortgesetzt. Reinhold folgt auf das eineinhalbjährige Luchsweibchen Namens ‚Verena‘, die vor knapp einem Monat im Nordschwarzwald aus der Transportbox entlassen wurde und seitdem ihren neuen Lebensraum entdeckt. Sie hat bereits Rehe erfolgreich gejagt und gerissen. Ursprünglich sollten beide Tiere gleichzeitig ausgewildert werden, was aber misslang, da sich der Kuder im Koordinationsgehege in Thüringen erst jetzt einfangen ließ.

Der Luchskuder  der im Mai 2023 im Wildkatzendorf Hütscheroda in Thüringen geboren wurde, ist ein Bruder der Luchskatze Finja. Mit ihr starte das Projekt der Bestandesstützung im Dezember 2023. Leider verstarb sie im Juli dieses Jahres an der Viruserkrankung Staupe. Da Finja nicht mehr lebt, stellt die Auswilderung des Bruders kein Inzuchtrisiko dar.

Das vierjährige Projekt ‚Luchs Baden-Württemberg‘ hat zum Ziel, mittels Bestandsstützung eine Wiederbesiedlung Baden-Württembergs durch Luchse zu ermöglichen und somit den genetischen Austausch mit benachbarten Luchsbeständen im Schweizer Jura, den Vogesen oder dem Pfälzer Wald zu ermöglichen. Das Projekt leistet zudem einen Beitrag zum internationalen Biodiversitätserhalt und den Biodiversitätszielen der Bundesregierung und der EU.

Luchskuder auf Wanderschaft

In den Nordschwarzwald waren bisher keine Weibchen und nur sehr selten wanderten männliche Luchse aus der Schweiz zu. Aktuell lebt dort noch der Luchskuder ‚Toni‘, der 2019 aus dem Schweizer Jura zugewandert ist. Ein weiterer territorialer Luchs ‚Wilhelm‘ lebt in Südschwarzwald.

Schwarzwald als Luchs-Lebensraum geeignet

Die großen zusammenhängenden Waldflächen im Schwarzwald und der Wildreichtum bieten dem Luchs ideale Lebensbedingungen. In ihrer neuen Heimat soll die junge Luchskatze ‚Verena‘ gemeinsam mit dem ansässigen Luchskuder Toni und weiteren nachfolgenden Tieren

einen Grundstein für ein gesundes Luchsvorkommen in Baden-Württemberg bilden.

Vorbereitung in naturnahen Wildgehegen

Seit September lebte Reinhold in einem eigens für die Auswilderung von Luchsen errichteten Gehege in Thüringen. Hier wurde er auf ein Leben in der Natur vorbereitet und sein Verhalten beobachtet. Denn nur Luchse, die Scheu vor Menschen und Hunden zeigen, sind für die Auswilderung geeignet. Luchse müssen das Jagen nicht erlernen und können in der Natur auf ihre angeborenen Instinkte zurückgreifen.

Aktuell baut der Zoo Karlsruhe mit Unterstützung des World Wide Fund For Nature (WWF), der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe und des Landes ein eigenes Auswilderungsgehege außerhalb des Zoogeländes, das künftig Auswilderungsprojekte in Baden-Württemberg und ganz Europa unterstützen soll.

Luchs-Auswilderungen sinnvoll

Seit 2004 sind insgesamt 18 männliche Luchse, vor allem aus der Schweiz, nach Baden-Württemberg eingewandert. Nur ein Weibchen war sehr kurzfristig zu Gast im Land. Viele Luchse besuchten Baden-Württemberg allerdings nur vorübergehend, da keine Geschlechtspartner vorhanden waren. Luchse sind Einzelgänger und besetzen sehr große Gebiete (Territorien). Weibliche Tiere sind auf der Suche nach neuem Lebensraum aber deutlich zurückhaltender, weswegen die nahe Luchspopulation im Schweizer Jura den Sprung in den eigentlich bestens geeigneten Schwarzwald nicht schafft. Momentan leben, bis auf ’Verena‘, nachweislich noch zwei territoriale Männchen in Baden-Württemberg. Eine Begegnung des Menschen mit den Luchsen im Schwarzwald ist äußerst unwahrscheinlich. Die Tiere leben heimlich. Sie sind nacht- und dämmerungsaktiv. Ihre Hauptbeute sind Rehe. Die Entwicklung der zukünftigen Luchspopulation wird daher weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit stattfinden.

Für die Unterstützung des Luchsbestands und die notwendige Akzeptanz in Baden-Württemberg arbeiten unter anderem die Landesregierung, wissenschaftliche Einrichtungen wie die FVA, der WWF Deutschland, der Zoo Karlsruhe, der Landesjagdverband und die Luchsinitiative Baden-Württemberg eng zusammen. Das Projekt wird von der Arbeitsgruppe Luchs und Wolf Baden-Württemberg begleitet.

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