März 2008
Die Grünen im Landtag postulieren in diesem Hintergrundpapier die wesentlichen Eckpunkte, um auf Dauer den ökologischen, sozialen und ökonomischen Zielsetzungen einer nachhaltigen, modernen Waldwirtschaft gerecht zu werden.
Die neuen Rahmenbedingungen des rasch voranschreitenden Klimawandels verlangen sofortiges waldbauliches Handeln.
Nach der dritten Forstreform in Baden-Württemberg droht der endgültige Kahlschlag der vielfältigen Interessen an unserem Wald. Auf dem Altar einer eingleisigen Holzproduktionswirtschaft auf höchster Mechanisierungsstufe drohen Naturhaushalt, biologische Vielfalt, Erholung und Tourismus geopfert zu werden. Diesem politischen Handeln ist unmittelbar Einhalt zu gebieten. Mit diesem Positionspapier wird der Weg in ein zukunftsfähiges Waldökosystem gewiesen.
- Gemeinwohl statt reiner Betriebswirtschaft: Nachhaltige Waldwirtschaft berücksichtigt nicht nur betriebswirtschaftliche Aspekte, sondern auch ökologische Grundsätze
- Schutz- und Erholungsfunktionen stärken: Verzicht auf verstärkten Maschineneinsatz zugunsten des Naturschutzes und der Erholungsgebiete
- Effizienrendite aussetzen: Waldbauliche Prinzipien müssen zur Qualitätssicherung des Holzes und des Naturschutzes eingehalten werden
- Zentrale Einrichtung nach Landeshaushaltsordnung (LHO): Holzvermarktung sollte sowohl zentral als auch dezentral erfolgen
- Das Einheitsforstamt erhalten: Bürgernähe und qualitative Beratung
- Förderung der Beratung nur für Schutz- und Erholungsfunktion: Keine kostenlose Beratung für kommerzielle Zwecke von Privatwaldbesitzern
- Ausblick: Grundsätzliches zu Zuständigkeiten der Landkreise und generelle Ansprüche an Forstreformen
Unser Leitbild
Das Leitbild der Grünen für den Wald lautet »Gleichwertigkeit der Funktionen«. Es beinhaltet gleichrangig die Erholungsfunktion, den Schutz der Biologischen Vielfalt und auch die Holzproduktion. Der Wald ist wesentlicher Lieferant nachwachsender Rohstoffe und wichtiger CO2-Speicher. Gleichzeitig fungiert er in der Klimadebatte als Bindeglied zwischen ökonomischen und ökologischen Aspekten. Über 5% des Bruttoinlandproduktes von Baden-Württemberg werden durch den Wirtschaftsfaktor »Forst und Holz« erwirtschaftet.
Hinsichtlich des Erhalts der weltweiten Biologischen Vielfalt trägt Baden-Württemberg internationale Verantwortung: im Land finden sich einmalig große Buchenwäldbestände. Der Wald ist gerade in einem waldreichen Land wie Baden-Württemberg (Wald bedeckt 38,1% der Landesfläche, bundesweit sind dies nur 29,5%) einer der wichtigsten Erholungsräume für unsere Bürgerinnen und Bürger. Und nicht zuletzt besitzt Wald eine herausragende kulturhistorische und daher hohe emotionale Bedeutung für die Deutschen.
Sowohl bei der Verwaltungsreform 2004/2005 als auch bei der Forstreform 2007 wurde sichtbar, dass Reformen ohne Beteiligung der Betroffenen an einem Systemfehler kranken. Es war ein fatales Zeichen, als Minister Hauk Gutachten in Auftrag gab, die im Wesentlichen auf Entwicklungen wie »maximale Mechanisierung im Wald (!)« zielten. Weder vom ökonomischen noch vom ökologischen Standpunkt aus bringt diese einseitige Sichtweise die Forstwirtschaft weiter.
Wir Grünen fordern für Gutachten und Konzeptionen, für Strukturvorschläge und Gesetze die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte. Der Staatswald mit seiner Vorbildfunktion muss von einer rein betriebswirtschaftlich ausgelegten Zielrichtung verschont werden. Genauso ist es unser Anliegen, dass landesweite Regelungen nicht nur wenigen Großunternehmen zugute kommen, sondern auch die Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen der Holzindustrie berücksichtigen.
Die Grünen fordern eine Forstwirtschaft, die den Erholungswert des Waldes für die Menschen erhält, die naturnahe Bewirtschaftung ermöglicht und die biologische Vielfalt konsequent schützt. Alle Überlegungen zur Weiterentwicklung der Waldwirtschaft, unabhängig von Eigentumsstrukturen, Preisen und Funktionen, haben sich diesem Leitbild unterzuordnen.
Einleitung
Waldwirtschaft hat ausnahmslos so naturverträglich wie möglich zu erfolgen. Für Deutschland – und darüber hinaus – stellen hierbei die FSC-Zertifizierung und die Naturlandzertifizierung eine hervorragende Grundlage dar.
Innerhalb von 10 Jahren plant die Landesregierung bereits die dritte Reform der Forstverwaltung (1998, 2005, 2007/2008). Daraus lässt sich erstens ableiten, dass frühere Reformen die jeweils selbst gesteckten Ziele nicht erreichten und zweitens, dass die Landesregierung nicht weiß, wohin sie eigentlich will. Die Bemühungen des Ministeriums Ländlicher Raum 2007 zielten sogar darauf ab, weite Teile der Forstreform des Jahres 2005 rückgängig zu machen.
Förster, Waldarbeiter und die Qualität des Waldbaus waren und sind Opfer einer offensichtlich orientierungslosen CDU-/FDP-Landesregierung. Denn wer sich ständig mit Umstrukturierungen beschäftigen muss, hat weniger Zeit für die eigentliche Arbeit.
500.000 Euro gab das Ministerium Ländlicher Raum für das Gutachten der österreichischen Bundesforsten (ÖBF) sowie die Moderation eines zweiten, von ihr selbst erstellten »Gutachtens« durch Deloitte aus. Dieser war in Realität lediglich Moderator eines Prozesses, bei dem die Landesregierung ihre eigenen Wünsche weitgehend aus Stuttgart-zentralistischer Sicht äußerte und hierbei die eigene Forstverwaltung draußen im Land nicht einbezog.
In beiden Gutachten ging es darum, unter rein betriebswirtschaftlichen Aspekten Geld einzusparen, Arbeitsplätze bei Förstern und Waldarbeitern abzubauen, mehr Maschinen einzusetzen, größere Strukturen zu schaffen und diese stärker als bisher zu bevorzugen. Dies resultierte aus Vorgaben der Landesregierung, die damit deutlich machte, dass ihr die klein- und mittelständischen Betriebe im Land sowie die damit verbundenen Arbeitsplätze weniger wichtig sind als die Interessen einiger weniger Großbetriebe – von den für die Allgemeinheit wichtigen Schutz- und Erholungsfunktionen ganz zu schweigen. Klima-, Gewässer-, Bodenschutz und der Schutz der Biologischen Vielfalt fanden dabei genauso wenig Berücksichtigung wie Aspekte der Erholung, des Tourismus oder des Schutzes unzerschnittener, verkehrs- und lärmarmer Räume.
27 Mio. Euro will das Land hauptsächlich durch Rationalisierungen nach dem Motto »Maschine statt Menschen« einsparen. 600 Jahre dauert es hingegen ungefähr, bis ein natürlicher Waldzyklus beendet ist. Die Grünen wünschen sich daher einen Blick für lange Horizonte. Wobei wir wissen, dass die vielfältige Standort- und Besitzstruktur regionale Betrachtungsweisen und unterschiedliche Schwerpunkte erfordern. Die Grünen im Landtag Baden-Württemberg setzen sich in der Diskussion um eine Forstreform für folgende Punkte eines zukunftsfähigen, naturverträglichen Waldbaus ein:
1) Gemeinwohl statt reiner Betriebswirtschaft
Die Zielsetzungen und Vorschläge des ÖBF-Gutachtens wie auch des durch Deloitte moderierten MLR-Gutachtens dienen betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweisen zu Lasten volkswirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Aspekte. Das auf 27 Mio. Euro pro Jahr bezifferte potenzielle Einsparvolumen bezieht sich im Wesentlichen auf Änderungen, die rein betriebswirtschaftliche Erfolge bringen: Maximale Mechanisierung im Wald, Key Account Management mit Benachteiligung mittelständischer Strukturen, Verdichtung des Rückegassennetzes, so dass 15% der Waldfläche geschädigt werden. Das sind Ziele der Landesregierung, die die Grünen nicht unterstützen.
Die rein betriebswirtschaftlichen Einsparergebnisse dürfen auf erheblichen Teilen der Waldfläche gar nicht umgesetzt werden. Etwa 110.000 ha Staatswald liegen in FFH- oder Vogelschutzgebieten (ökologisches Netz Natura 2000). Dies entspricht einem Anteil von 34%. Bezogen auf alle Waldbesitzarten handelt es sich um rd. 380.000 ha oder 27%. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben der EU liegt auf diesen Flächen ein Primat des Naturschutzes, die weitere forstliche Nutzung der betroffenen Wälder hat sich daran auszurichten. Auf dieser Fläche sowie innerhalb weiterer Schutzgebiete (Bann- und Schonwälder, Naturschutzgebiete, Biosphärengebiet etc.) ist eine ausschließlich an betriebswirtschaftlichen Zielen ausgerichtete Bewirtschaftung somit nicht zulässig.
Das Ergebnis von 27 Mio. Einsparpotenzial ist also deutlich zu hoch angesetzt.
Die »maximaler Mechanisierung« externalisiert Kosten (Luftverschmutzung, Klimawandel) und verursacht Folgeschäden (Bodenverdichtung, Erfordernis von Kompensationsmaßnahmen für den Verlust an Biologischer Vielfalt), die dem Steuerzahler an anderer Stelle aufgebürdet werden.
Die Existenz von regionalen klein- und mittelständischen Betrieben (insbesondere Sägewerken sowie bei Waldarbeitern) wird bedroht
Darüber hinaus unterbleibt die ökonomische Inwertsetzung von Schutz- und Erholungsfunktionen (z.B. »Wert eines Vogels« von Fréderic Vester oder »Willingness to pay« für attraktive Erholungslandschaften).
Die erheblichen ökonomischen Potenziale durch moderne Dienstleistungen beispielsweise bei der Wald- und Wildnispädagogik müssen anerkannt und gefördert werden. Im »Urwaldrevier« im Saarland, in dem kein Holz mehr eingeschlagen wird, erwirtschaftet der SaarForst Landesbetrieb jährlich einen höheren Umsatz und Gewinn je Hektar als im Durchschnitt der anderen Reviere im Land.
Wir fordern:
Die Forstwirtschaft darf nicht unter ausschließlich betriebswirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden. Sie muss sich an einer – unter Berücksichtigung aller Gebote des Naturschutzes – nachhaltigen Waldwirtschaft orientieren.
2) Schutz- und Erholungsfunktionen stärken
Die Zielrichtung der angestrebten Reform steht auf rund einem Drittel der Waldfläche in direktem Widerspruch zu verbindlichen Vorgaben seitens der EU oder des Landes selbst. Dies zeigt zudem, dass das Land plant, entgegen seiner grundgesetzlichen Verpflichtung und Verantwortung (Art. 74) zur Umsetzung von Naturschutz zu handeln.
Die vorgeschlagene Vollmechanisierung setzt einen Rückegassenabstand von 20 Metern voraus. Auch wenn sich der Bodendruck durch Forstmaschinen durch technische Weiterentwicklung seit den 1990er Jahren verringert hat, würden doch auf diese Weise rund 15% der Waldfläche der Nutzung entzogen und wichtiger Funktionen beraubt.
Ein vollkommen mechanisierter Hieb, zumal mit Unternehmen ohne oder mit nur geringen Ortskenntnissen bringt höhere Gefährdung von Biotopbäumen, Totholz, Höhlen- und Horstbäumen mit sich und führt darüber hinaus durch den erhöhten Maschineneinsatz zum verstärkten Ausstoß klimarelevanter Emissionen.
Zunehmender Maschineneinsatz erzeugt mehr Lärm – für Erholungssuchende im Wald ein signifikanter Verlust an Erholungsqualität.
Die geplante verstärkte Vergabe an externe Unternehmen bringt mehr Arbeit an Abenden und Wochenenden mit sich. Das würde eine weitere gravierende Erhöhung der Störung der Erholungsfunktion mit sich bringen: Die Mehrzahl der Spaziergänger sucht den Wald außerhalb der Kernarbeitszeiten zur Erholung auf. Auch für sensible Tierarten bringt ein stärkerer Maschineneinsatz größere Störeffekte mit sich (v.a. Vögel und Fledermäuse).
Wir fordern:
Der Naturschutz muss auch bei der ökonomischen Nutzung des Waldes beachtet werden. Verzicht auf verstärkten Maschineneinsatz zugunsten des Naturschutzes und der Erholungsgebiete.
Bodenverdichtung, Ausstoß klimarelevanter Emissionen und erhöhte Verlärmung müssen verhindert werden.
3) Waldbauliche Qualität und Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten – Effizienrendite aussetzen
Für den Forstbereich wäre eine höhere Effizienzrendite in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv. Die Reduktion von 809 Forstbeschäftigten im Bereich des Staatsforstbetriebes auf ca. 570 oder gar 455 sowie die Reduktion der Anzahl der Waldarbeiter würde erhebliche Nachteile hinsichtlich volkswirtschaftlicher Aspekte sowie der Schutz- und Erholungsfunktion mit sich bringen. Die großen wirtschaftlichen Einspar-Potenziale unter Ausnutzung der biologisch-natürlichen Mechanismen können dann nicht mehr genutzt werden. Beispiel hierfür ist die Naturverjüngung mit der Abhängigkeit von Samenjahr, Erfordernis eines Lichtungshiebes. Der Vorrang der Naturverjüngung bringt es daher mit sich, dass sich die Holzernte und Personalstärke am Waldbau auszurichten hat.
Ebenfalls ist vor dem Hintergrund der dramatischen klimatischen Erwärmung qualifiziertes Personal erforderlich, das die Anforderungen des teils eher statisch ausgerichteten Schutzes durch Natura 2000 verknüpft mit dem dynamischen Wandel des Klimas und damit mit den Fragen der Baumartenwahl und des Waldbaus generell.
Darüber hinaus ist bereits jetzt eine erhebliche Überalterung bei den Förstern festzustellen: Das Land muss dringend wieder mehr junge Förster/innen einstellen, um diesem Trend entgegen zu wirken.
Bereits jetzt wurden im Forstbereich landesweit über 10% der allseits geplanten 20% Effizienzrendite erreicht.
Diese derzeit von den Landkreisen verkündeten Erfolge bei den Bemühungen um eine Effizienzrendite wurden zu erheblichen Teilen durch die gestiegenen Holzpreise erreicht. Die Inwertsetzung des Holzes als Rohstoff ist zwar eine erfreuliche Entwicklung, doch welche Folgerungen ziehen Land und Kreise, falls der Holzpreis wieder sinken sollte?
Wir fordern:
Die Effizienzrendite für den Forstbereich ist sowohl beim Personal wie bei den Sachkosten auszusetzen. Waldbauliche Prinzipien müssen zur Qualitätssicherung des Holzes und des Naturschutzes eingehalten werden.
4) Zentrale Einrichtung nach Landeshaushaltsordnung (LHO) – Holzvermarktung sollte sowohl zentral als auch dezentral erfolgen
Die Landesregierung plant, ergänzend zur bisherigen Struktur die Einführung eines Betriebes nach § 26 Landeshaushaltsordnung. Dies bedeutet unter anderem die Abschaffung der kameralistischen Buchführung. Die Grünen begrüßen die damit verbundenen Optionen einer innerbetrieblich-eigenständige Budgetierung, der eigenständigen Entscheidung über Ausgabenreste oder der Wahl zwischen Personal- oder Sachkosten.
Entgegen der Aussagen des MLR wird die zentrale Vermarktung schon bisher praktiziert und kann und soll so weitergeführt werden:
Rahmenverträge mit Großfirmen und die Zentrale Holzbereitstellung (ZHB) existieren – die Unteren Forstbehörden müssen auch bisher schon Anteile ihrer Fichteneinschläge dafür bereit stellen..Damit ist gesichert, dass Großkunden auch größere Mengen gebündelt abnehmen können.
Prof. Dr. Bastian Kaiser, der im Auftrag des Landkreistages ein weiteres Gutachten zur Forstreform erstellte, weist zudem darauf hin, dass die Großsägewerke überwiegend nicht in Baden-Württemberg liegen, Teile der Wertschöpfung Holz werden aus Baden-Württemberg exportiert. Zahlreiche kleine und mittlere Sägwerke liegen in Baden-Württemberg, deren Wertschöpfung aus Holz bleibt überwiegend im Land. Ein weiteres Beispiel, das nach Ansicht der Grünen die wirtschaftliche Stärke Baden-Württembergs gerade durch die Vielzahl kleiner und mittlerer Wirtschaftsstrukturen begründet. Regionale Wirtschaftskreisläufe sind nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch ein Beitrag zur Stabilisierung wirtschaftlicher wie auch sozialer Zusammenhänge.
Das vorgeschlagene »Key-Account Management« ist nur ein Schlagwort, hinter dem sich ein betriebswirtschaftlich ausgerichteter Holzverkauf unter Vernachlässigung von Schutz- und Erholungsfunktion verbirgt.
Das Land besitzt nur vergleichsweise wenige Sortimente, die für die großen Nadelholzsäger mit ihrer Nachfrage nach mittel (bis 45 cm) oder schwach dimensioniertem Nadelholz (10-35 cm) von Interesse sind.
Das im Staatswald überdurchschnittlich vorhandene Starkholz wird meist von klein- und mittelständischen Unternehmen gekauft. Auch daher ist eine stärkere Ausrichtung des Landes auf die klein- und mittelständischen Unternehmen sinnvoll. Der Verkauf von mittel- und schwach dimensioniertem Nadelholz ist Sache zwischen Privatwaldbesitzern und Unternehmen und bedarf keiner staatlichen Förderung.
Wir fordern:
Die Landesregierung darf auf dem Holzmarkt nicht in direkter Konkurrenz zu Kommunen und Privatwaldbesitzern auftreten. Trotz des Strukturwandels in der Holz- und Sägewerkindustrie muss die Landesregierung alle Anstrengungen unternehmen, um klein- und mittelständische Betriebe zu erhalten.
Waldbauliche Notwendigkeiten statt Orientierung am Markt und Preisdruck müssen den Holzmarkt bestimmen.
5) Bürgernähe und qualitative Beratung in einer Hand: Das Einheitsforstamt
Die Forstamts- und Reviergrößen nahmen in den letzten zehn Jahren deutlich zu:
Bis 1998 gab es 190 Forstämter mit 1.249 Revieren, bis 2004 163 Forstämter mit 1.069 Revieren.
Ab 2005 44 Untere Forstbehörden bei den Landkreisen mit 1012, ab 1.7.2007 mit 970 betreuten Revieren.
Gleichzeitig sind die Aufgaben und das Anforderungsprofil der Förster in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Beispielhaft genannt seien die Umsetzung Natura 2000, die steigende Nachfrage nach Brennholz, die Beratung zu Holz als nachwachsendem Rohstoff, die Anpassung des Waldbaus an neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit Klimawandel und nicht zuletzt Wald- und Wildnispädagogik als moderne Dienstleistungsaufgaben mit wachsender ökonomischer Bedeutung. Hierzu sind gute Ortskenntnisse erforderlich.
Noch größere Reviere wie von der Landesregierung geplant bringen noch weitere Wege, noch weniger Zeit für Arbeit vor Ort, geringere Ortskenntnisse und damit auch geringere Bürgernähe mit sich.
Betreuung und Beratung für Kommunal- und Privatwald muss in einer Hand bleiben, gerade bei den kleinteiligen und durchmischten Eigentumsverhältnissen in Baden-Württemberg. Auch muss der Sachkundenachweis erhalten bleiben.
Erholungs- und Schutzfunktion sowie Holzproduktion für gleiche Flächen sollen von den gleichen Personen wahrgenommen werden.
Eine Aufsplitterung der Betreuung oder Beratung brächte mehr Abstimmungsbedarf und damit mehr Bürokratie mit sich.
Die erforderliche Berücksichtigung von Naturschutzbelangen zum Beispiel im Rahmen der Umsetzung der Natura-2000-Richtlinien (FFH und Vogelschutz) ist leichter zu gewährleisten, wenn Holzproduktion, Schutz- und Erholungsfunktion in einer Hand liegen. Für großflächige Schutzgebiete ist die Betreuung aus einer Hand wichtig – auch daher ist die Abschaffung der institutionellen Förderung abzulehnen.
Wir fordern:
Die Beibehaltung des »Einheitsforstamtes«, das für alle Belange auf gleicher Fläche verantwortlich ist. Das Einheitsforstamt ist ein sinnvolles Zugeständnis an die herausragenden Gemeinwohlfunktionen des Waldes.
6) Förderung der Beratung nur für Schutz- und Erholungsfunktion
Die Beratung für Privatwaldbesitzer liegt (nur) dann im Interesse der Allgemeinheit und damit förderwürdig, wenn es um Schutz- und Erholungsfunktionen geht.
Staatlich bezahlte respektive geförderte Beratung für Privatwaldbesitzer bei der reinen Holzproduktion widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz mit anderen Wirtschaftszweigen, denn diese müssen ihre Unternehmensziele und die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze auch ohne institutionelle Förderung erreichen.
Erholungs- und Schutzfunktion speziell in dem in Baden-Württemberg weit verbreiteten Kleinprivatwald (ca. 250.000 Waldbesitzer, davon ca. 100.000 Kleinprivatwaldbesitzer mit durchschnittlich 1,4 ha meist zerstreutem Waldbesitz) bedürfen insbesondere einer qualifizierten Beratung – und dem Angebot der Einbindung in Waldgenossenschaften oder Forstbetriebsgemeinschaften. Das Land ist gefordert, Aufbau und Vernetzung derartiger Zusammenschlüsse zu befördern.
Wir fordern:
Keine kostenlose Beratung von Privatwaldbesitzern für deren kommerziellen Zwecke durch die öffentliche Hand.
7) Grundsätzliches zur Zuständigkeiten der Landkreise, generelle Ansprüche an Forstreformen und Ausblick
Zwei Jahre nach dieser Forstreform möchte die Landesregierung wieder mehr Kompetenzen für die Landesebene – allerdings von ausschließlich betriebswirtschaftlichen und keinerlei volkswirtschaftlichen Zielrichtungen geprägt. Das ginge zu Lasten von Schutz- und Erholungsfunktion sowie Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.
Eine derartige Umwelt- und Sozialaspekte vernachlässigende Umstrukturierung zu Gunsten eines eigenständigen Landesbetriebes lehnen die Grünen ab. Eine reine Wiederherstellung des »status quo ante« der Verwaltungsreform unter Erwin Teufel ist von niemand gewollt und außerhalb jeglicher Realität.
Entscheidend für die Grünen ist weiterhin die Erhaltung des »Einheitsforstamtes«. Für ein und dieselbe Waldfläche soll auch ein und dieselbe Person zuständig sein – sowohl für den Waldbau und die Holzproduktion als auch für Naturschutz und Erholungsfunktion.
Ein sinnvoller Waldbau kann jedoch nur realisiert werden, wenn die Effizienzrendite für Personal und Finanzen ausgesetzt wird. Der Wald in Baden-Württemberg leidet derzeit unter Klimawandel, der Forstreform und der Effizienzrendite.
Da die Vorschläge des MLR für eine rein betriebswirtschaftlich ausgerichtete Zentralisierung von uns abgelehnt werden und in den letzten zehn Jahren bereits drei Forstreformen stattgefunden haben, sprechen wir uns dafür aus, die 2005 an die Landkreise abgegebenen Zuständigkeiten nun im Grundsatz bei den Landkreisen zu belassen. Eine Ausnahme kann beispielsweise die Waldarbeiterbeschäftigung und -entlohnung sein, da hier steuerliche Gründe gegen die Zuordnung zu den Landkreisen sprechen.
Nach Veröffentlichung des ÖBF-Gutachtens, der MLR-Position (Deloitte) sowie nach dem massiven Druck insbesondere der Landräte auf der Basis des Gutachtens von Prof. Dr. Bastian Kaiser von der FH Rottenburg war die Landesregierung nicht willens, die weitere Strukturreform gegenüber den Landkreisen durchzusetzen.
Es wird jedoch der kritischen Aufmerksamkeit des Parlaments, des Landkreistages und der Verbände bedürfen, dass durch die geplante Errichtung des § 26 LHO-Betriebes, deren Einzelheiten im laufenden Jahr zwischen den Ministerien vereinbart werden sollen, die bestehenden Strukturen nicht ausgehöhlt und die ursprünglichen Ziele der MLR_Gutachten quasi durch die Hintertür doch noch durchgesetzt werden.
Eine erfolgreiche Zukunft des Waldbaus in Baden-Württemberg erfordert das Umsetzen neuer Anforderungen wie Klimawandel im Rahmen der augenblicklich bestehenden Strukturen.
Wir fordern:
Alle weiteren Diskussionen um Forststrukturen dürfen nur transparent und mit allen Beteiligten (Ämter, Industrie, Landkreise, Kommunen, Privatwaldbesitzer und Fachorganisationen aus Forstwirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft) geführt werden.
Nur so kann ein Konsens der unterschiedlichen Interessen zum Wohle des Waldes gefunden werden.
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